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Die drei kostbaren Perlen

Von Lu Meng

Es war einmal ein alter Steinmetz, der sehr geschickt war. Er konnte Steine zu Steinmühlen, Steinwalzen, Steintischen und Steinhockern verarbeiten, deswegen hatte man große Achtung vor ihm.
Der alte Steinmetz wünschte sich einen Lehrling. Aber bevor er einen Jungen als seinen Lehrling aufnahm, verlangte er von dem Jungen, etwas für ihn zu tun. Die meisten Jungen, die zu ihm kamen, gingen ratlos weg, sobald ihnen der alte Steinmetz seine schwere Aufgabe gestellt hatte.

Aber eines Tages kam ein Junge, der Shi Wa hieß, zu dem alten Steinmetzen und bat ihn darum, ihn als seinen Lehrling aufzunehmen.
Der alte Steinmetz sagte: "Du mußt zuerst eine Aufgabe für mich erfüllen. Erst wenn es dir gelungen ist, werde ich dich als meinen Lehrling aufnehmen."
Shi Wa antwortete: "Würden Sie mir bitte sagen, was ich zu tun habe, ich werde mich bemühen."
Der alte Steinmetz sagte lächelnd: "Bei Regenwetter, oder wenn es windig ist, oder wenn es heiß ist, habe ich immer große Schwierigkeiten, auf dem Berg Steine abzuhauen. Deswegen brauche ich drei kostbare Perlen: die eine kann den Regen vertreiben, die andere kann mich vor Wind schützen, die dritte kann das heiße Wetter im Zaum halten. Wenn du diese drei kostbaren magischen Perlen gefunden hast, werde ich dich als meinen Lehrling betrachten."
Shi Wa dachte eine Weile nach, dann sagte er: "Meister, könnten Sie mir sagen, wo ich die drei Perlen finden kann?"
Lachend sagte der alte Steinmetz: "Du bist ja gar nicht von der schweren Aufgabe eingeschüchtert. Von hier aus gehst du eintausend Li nach Süden, dort gibt es einen riesigen Kiefernwald. Im Wald lebt ein alter Weiser, der alles weiß. Du kannst ihn danach fragen. Der Weg ist weit. Unterwegs mußt du Berge erklettern und Seen überqueren. Du wirst auch Schakale, Wölfe, Tiger und Leoparden treffen. Hast du keine Angst?"

"Wenn ich die kostbaren Perlen finden kann, habe ich vor nichts Angst," antwortete Shi Wa.

Shi Wa machte sich auf den Weg. Unterwegs lief er Tag und Nacht, bis er zu einem großen Fluß kam. "Wie soll ich nur diesen Fluß überqueren?" fragte sich Shi Wa.

Plötzlich sah Shi Wa einen riesigen goldenen Drachen, der aus den brodelnden Wellen emporstieg. Shi Wa war froh und rief eilig aus: "Golddrache, könnten Sie mich über den Fluß tragen? Ich gehe zum alten Weisen."
"Wenn du den alten Weisen besuchst, hast du sicher Schwiegigkeiten. Ich trage dich über den Fluß!"
Nachdem der Golddrache Shi Wa über den Fluß getragen hatte, sagte Shi Wa: "Goldrache, vielen Dank für Ihre Hilfe."
Der Golddrache antwortete: "Nichts zu danken. Aber ich bitte dich, mir einen Gefallen zu tun. Wenn du den alten Weisen triffst, frage ihn, wann ich in der Lage bin, Wind und Regen herbeizurufen?"
"Sicher. Ich werde mich bei ihm für Sie erkundigen." Versprach Shi Wa fest.

Shi Wa reiste weiter, bis ein steiler, bis zum Himmel ragender Berg seinen Weg versperrte.
"Wie erklimme ich diesen Berg?" dachte Shi Wa.
Plötzlich hörte Shi Wa Flügel rauschen und sah einen großen Phönix vom Berggipfel zu ihm fliegen.
Vor Freude schrie Shi Wa: "Phönix, könnten Sie mich über diesen Berg tragen, ich suche den alten Weisen."
Der Phönix sagte: "Wenn du den alten Weisen suchst, triffst du sicher auf Schwierigkeiten, ich trage dich über den Berg!"
Als Shi Wa auf den Rücken des Phönix kletterte, breitete der Phönix seine Flügel aus und flog über den Berg.
Shi Wa sagte: "Phönix, vielen Dank für Ihre Hilfe."
"Gern geschehen. Aber ich bitte dich, dem alten Weisen für mich eine Frage zu stellen. Wann ist es mir möglich, auf den Wolken zu reiten und den Nebel zu lenken?" antwortete der Phönix.
Shi Wa sagte: "Kein Problem, ich werde mich bei ihm für Sie erkundigen!"

Shi Wa ging, bis er ein Flammenmeer vor sich sah. Die lodernden Flammen beleuchteten den Himmel rot.
"Wie durchquere ich das Flammenmeer?" murmelte Shi Wa vor sich hin.
Plötzlich sprang ein großes Einhorn aus den Flammen, und Shi Wa schrie in Eile: "Einhorn, könnten sie mich über das Flammenmeer tragen, ich bin auf dem Weg zum alten Weisen."
Das Einhorn antwortete: "Auf dem Weg zum alten Weisen hast du sicher Probleme, ich helfe dir gerne!"
Shi Wa ritt auf dem Rücken des Einhorns. Sie rasten durch das Flammenmeer.
Shi Wa sagte: "Einhorn, vielen Dank für Ihre Hilfe!"
Das Einhorn antwortete: "Nichts zu danken, ich möchte dich nur bitten, meine Frage an den alten Weisen weiterzuleiten. Warum kann ich nur durch das Flammenmeer rasen und nicht auf dem Weg laufen?"
"Sicher, ich werde fragen." Versprach Shi Wa.

Shi Wa ging weiter nach Süden. Seine Schuhe waren durchlöschert, und er hatte Blasen an den Füßen. Trotzdem lief er Tag und Nacht, bis er endlich eintausend Li gegangen war. Da lag wirklich ein riesiger Kiefernwald vor ihm. Die Bäume rauschten im Wind. Bunte Blumen blühten. Vögel sangen auf den Bäumen. Es war tatsächlich eine wunderschöne Gegend, wo der alte Weise lebte.
Shi Wa wanderte drei Tage im Wald umher, aber er traf niemanden. Wo war der alte Weise nur? Shi Wa saß unter einer alten Kiefer und dachte nach. Auf einmal sah er einen alten Mann mit schneeweißem Bart auf sich zukommen. Shi Wa stand sofort auf und fragte höflich und ehrerbietig: "Verzeihen Sie, hier soll ein alter Weiser leben, könnten Sie mir bitte sagen, wo er ist?"
Der alte Mann lachte aus vollem Halse und sagte: "ich bin dieser alte Weise, was kann ich für dich tun?"
Shi Wa war froh und sagte: "Ich habe Schwierigkeiten und möchte Sie um Hilfe bitten."
Der alte Weise sagte: "Gut! Aber du darfst mir nur drei Fragen stellen. Überlege dir genau, welche drei Fragen du stellen willst!"
Shi Wa dachte: "Aber ich habe insgesamt vier Fragen, eine für den Golddrachen, eine für den Phönix, eine für das Einhorn und meine eigene. Wenn ich meine eigene Frage nicht stelle, kann ich nicht Lehrling des Meisters werden und mir auch seine Künste nicht aneignen. Aber wenn ich dir drei anderen Fragen nicht stelle, geht für die drei diese Gelegenheit meintewegen verloren. So entschied er sich, die Fragen von Golddrache, Phönix und Einhorn zu stellen und sagte nichts von dich selbst. Dann verabschiedete er sich von dem alten Weisen und kehrte zurück.

Shi Wa kam wieder zu dem Flammenmeer. Das Einhorn wartete schon auf ihn und schüttelte das Horn, als es Shi Wa sah.
Shi Wa sagte: "Der alte Weise teilte mir mit, daß Sie in der rechten Fußsohle einen Stein haben, deshalb straucheln Sie. Wenn er weg ist, können Sie auf dem Weg laufen, und Sie fühlen keine Schmerzen mehr."
Die Augen des Einhorns strahlten vor Freude. Es hob seinen rechten Fuß und schüttelte ihn kräftig. Ein rotglänzender, wundervoller Stein fiel aus seiner Sohle.
Das Einhorn sagte: "Du bist wirklich ein gutes Kind. Vielen Dank für deine Hilfe. Ich gebe dir diesen Stein als ein Andenken."

Shi Wa nahm den Stein und setzte seinen Weg fort. Er kam wieder zum Berg. Der Phönix schlug mit seinen Flügeln, als er ihn sah.
Shi Wa sagte: "Der alte Weise sagte, daß Sie in ihrem Schwanz eine Beule haben. Wenn Sie die Beule mit Ihrem Schnabel aufpicken, dann können Sie auf den Wolken reiten und den Neben lenken."
Der Phönix streckte schnell seinen Schwanz und pickte mit seinem Schnabel an der Beule. Ein schimmernder gelber Stein fiel heraus.
Der Phönix sagte: "Du bist wirklich ein gutes Kind. Vielen Dank für deine Hilfe. Ich gebe dir diesen Stein als ein Andenken."

Shi Wa nahm den gelben Stein und ging zu großen Fluß zurück.
Der Golddrache tanzte vor Freude, als er Shi Wa sah.
Shi Wa war sehr froh und sagte: "Der alte Weise sagte, daß ein Knochen in Ihrer Kehle steckt. Wenn Sie den Knochen aushusten, dann können Sie Wind und Regen herbeirufen."
Der Golddrache machte seinen Mund sofort auf und hustete mit allen Kräften. Ein strahlender weißer Stein kam zum Vorschein.
Der Golddrache sagte: "Du bist wirklich ein gutes Kind. Vielen Dank für deine Hilfe. Ich gebe dir diesen Stein als ein Andenken!"

Shi Wa nahm den weißen Stein und machte sich wieder auf den langen Weg. Endlich kam er zurück in die Gegend, wo der alte Steinmetz lebte.
Shi Wa erzählte dem alten Steinmetz alles, was er unterwegs erlebt hatte. Dann nahm er die drei Steine aus seiner Tasche und sagte: "Ich habe die drei kostbaren Perlen nicht gefunden, so kann ich nicht mehr Ihr Lehrling werden. Nehmen Sie bitte statt dessen diese drei Steine an. Auf Wiedersehen!"
Der alte Steinmetz nahm die drei Steine und sagte zu Shi Wa: "Warte mal! Was kannst du in den Steinen sehen?"
Der alte Steinmetz öffnete den weißen Stein mit dem Meißel, darin war eine blendend weiße Perle enthalten. Als er sie ins Wasser legte, wich das Wasser zurück. Er öffnete den gelben Stein, darin war eine gelbe Perle enthalten, die goldenen flimmerte. Der alte Steinmetz hielt sie in der Hand und stellte sich in die Zugluft. Der Wind hörte sofort auf. Dann meißelte der alte Steinmetz aus dem roten Stein eine funkelnde rote Perle heraus. Als der alte Steinmetz sie in die Nähe des Feuers legte, verlöschte das Feuer sofort.
Es waren eben die drei kostbaren magischen Perlen, die der alte Steinmetz sich gewünscht hatte.
Lachend sagte der Steinmetz: "Mein Kind, du fürchtest dich vor keinen Schwierigkeiten und bist auch hilfsbereit. Nur so kannst du ein Handwerk erlernen und ein geachteter Mensch werden. Du bist der Lehrling, den ich mir wünsche."
Von da an wurde Shi Wa Lehrling des alten Steinmetzen. Er erlernte dieses Handwerk und wurde ein sehr berühmter Meister.

 

 

 

 

 

 

 



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